Auch 180 Jahre nach seinem Tod ist das Rätsel um Kaspar Hauser nicht gelöst. Die Faszination um diese Figur ist ungebrochen. Schon deshalb haben sich die Schüler der Aton-Schule vorgenommen, dieses ernste Stück auf die Schulbühne zu bringen. Die Vorbereitung dafür läuft fächerübergreifend und zeigt, wie mithilfe der Kunst ein dynamischer Prozess des Lernens aktiv gestaltet werden kann.
Am Pfingstmontag des Jahres 1828 taucht am Nürnberger Unschlittplatz ein unbekannter Teenager auf, der sich kaum auf den Beinen halten kann. Er weiß nicht, wohin er gehen soll und sein einziges Gepäck ist ein Brief, aus dem seine Herkunft nicht hervorgeht. Er soll ein Findling sein, den ein Tagelöhner dreizehn Jahre lang bei Wasser und Brot in einem Verlies hielt. Er sei Zeit seines Lebens in einem dunklen Zimmer gefangen gehalten worden, ohne Eltern, ohne Geschwister, ohne Freunde und ohne jeglichen Kontakt nach außen. Ein inzwischen Sechzehnjähriger, der weder Geschichte, noch Erinnerung oder Prägung erfahren habe.
Er bewegte sich sonderbar und gab merkwürdige Laute von sich. Statt auf Fragen zu antworten, wiederholt er die Sätze der anderen in einer verzerrten Sprache. Der junge Mann, der sich später Kaspar Hauser nennen soll, findet aber bald großes Interesse in den gebildeten, bürgerlichen und adeligen Kreisen. Er ist ein „natürlicher Mensch“, unschuldig, unwissend, hilflos, empfindlich und soll – so wird entschieden – den Spielregeln der Gesellschaft angepasst werden. Nur wenige Jahre später stirbt er unter heute noch ungeklärten Umständen.
Für die Aton-Schüler der achten bis zehnten Klasse schrieb die Theaterpädagogin Manuela Serafim eine eigene Stückfassung. Das Thema „Kaspar Hauser und sein Leben“ wird gemeinsam mit den Schülern beleuchtet – nicht nur im Deutschunterricht. „Die Ethiklehrerin macht den Tod zum Thema einer Schüler-Gesprächsrunde mit der Theaterpädagogin“, so Kamilla Hoerschelmann, Schulleiterin und Gründerin der kreativen Ganztagsschule. „In Biologie geht es dann um das Gehirn und um Fragen wie zum Beispiel: ‚Wie lernt der Mensch, was kann er ausblenden und was ist angeboren‘. Das Thema setzt sich dann in Gesprächen zu Kaspar Hauser fort und fließt in philosophisch-ethische Fragen ein. Es ist faszinierend zu beobachten, wie die jungen Menschen sich der Problematik nähern und in das Theaterstück eintauchen.“
Abgesehen von den wichtigen Erkenntnissen, fasziniert die jungen Akteure natürlich die prickelnde Theaterluft. Hier kann sich jeder nach seinen individuellen Vorlieben und Fähigkeiten entfalten und trotzdem ziehen alle – für ein gutes Gelingen – an einem Strang. Neben ihren Rollen teilen sich die Schüler die Aufgaben, die bei der Inszenierung eines jeden neuen Stückes anfallen. Während die einen Programmhefte texten und entwerfen, kümmern sich die anderen um Bühnendeko und Kostüme.
Die Premiere von „Kaspar Hauser“ ist am Dienstag, 2. Februar 2016 um 18:30 Uhr. Weitere Aufführungen sind am Mittwoch den 3. Februar und Donnerstag, den 4. Februar 2016, immer um 18:30 Uhr und ebenfalls in der Infanteriestraße 14, im 3. Obergeschoß der Aton-Schule. Der Eintritt ist frei, man freut sich aber über eine kleine Spende, würdigt sie doch das große Engagement aller Beteiligten.
Weitere Infos finden Sie unter: www.aton-schule.de
Kurzportrait: Aton-Schule in München
Im September 2004 wurde die Aton-Schule in München gegründet. Sie ist eine private Ganztagschule (Grundschule 1. bis 4. Klasse, Mittelschule 5. bis 10. Klasse) mit den musisch-kreativen Schwerpunkten in Musik, Bewegung, Tanz, Theater, Bildender Kunst und kreativem Handwerk. Die Schülerinnen und Schüler haben die Möglichkeit, über den M-Zweig die Mittlere Reife zu erlangen. Der Weiteraufbau bis zum externen Abitur ist in Planung.
Die Schule verbindet reformpädagogisches Gedankengut mit dem Grundgedanken: „Die Förderung der Selbstentfaltung des Menschen“. In der geborgenen Atmosphäre der Schule erhalten die Schüler(innen) Begleitung und Unterstützung. Sie dürfen individuelle Wege gehen und können so auf natürliche Weise lernen und sich entwickeln.
Die Aton-Schule ist als gemeinnütziger Verein eingetragen. Spenden sind steuerlich absetzbar. Die Finanzierung wird durch die Beiträge der Mitglieder und Förderer, aus dem Schulgeld, aus den Veranstaltungen, Schriften sowie aus den Zuschüssen der Regierung von Oberbayern, Gemeinde-, Kreis-, Landes- und Bundesmitteln und sonstigen Zuwendungen gedeckt. Für Geld- oder Sachspenden bittet die Schule um persönliche Kontaktaufnahme bzw. um eine Information per E-Mail an: info@aton-schule.de.